Ein anderer Freund fragte vor ein paar Wochen erst vorsichtig nach meinem Rat zum Thema Verhütung. Das ist gerade Thema zwischen ihm und seiner Freundin – beide favorisieren unterschiedliche Methoden. Ob es mir unangenehm sei, von meinen Erfahrungen zu berichten?
Ganz im Gegenteil. Der Austausch darüber ist wichtig. Zumal ich selbst mitten drin stecke in dem Entscheidungsprozess, welche Verhütungsmethode angemessen für mich ist. Die Entscheidung zum Wechsel von der Pille zur Spirale ist gefallen, aber es wurmt mich extrem, dass das bestenfalls eine halbherzig gerechtfertigte Lösung ist. Der medizinische Beratungsprozess war mehr als dürftig und als ich versucht habe, mich durch die Literatur zu graben, wurde ich schwer enttäuscht. Ich werfe euch die ungelösten Fragen an den Kopf und werde euch anschließend das Studiendesign präsentieren, das meiner Meinung nach notwendig wäre, um diese Fragen zu beantworten. Unnötig zu erwähnen, dass eine solche Studie bis zum heutigen Zeitpunkt nicht existiert. Hierbei werden aber einige generelle Probleme in der Medikamentenforschung deutlich, vor allem wenn es um den Vergleich zwischen ganz verschiedenen Alternativen wie der Pille oder der Spirale geht.
Was mein Arzt sagt
Ich nehme die Pille. Wie bei den meisten Frauen habe ich ein wenig rumprobiert, bis es passte. Bei zwei verschiedenen Pillen hatte ich mit Zwischenblutungen zu kämpfen, was mich gerade am Anfang sehr verunsichert und beunruhigt hat. Mit einer recht stark dosierten Pille war dann alles in Ordnung. Seit etwa sechs Jahren verwende ich nun also ein hormonelles Verhütungsmittel. Es gab lediglich einmal eine kleine Unterbrechung von etwa drei Monaten. So ein rasches „Pillenhopping“ ist eigentlich nicht ratsam, aber ich hatte sie abgesetzt, weil ich sicher war, dass erst mal Ruhe ist mit den Männern – aber dann ergab sich wenige Wochen später doch eine neue Partnerschaft. Life happens. Dann ergaben sich in einer besonders stressigen Phase erneut Zwischenblutungen. Mein Arzt sagte, da könne man nichts tun – ich sei bereits auf der höchsten Dosierung unterwegs. Das Ende der Fahnenstange sei erreicht, aber die Blutungen seien ohnehin medizinisch unbedenklich. Weder meine Gesundheit noch die Verhütungsleistung seien beeinträchtigt – aber nervig seien die Blutungen ohne Frage. Eine mögliche Alternative war unter anderem die Spirale – hormonell oder aus Kupfer, ohne Hormone. Klang in meinen Ohren gut: eine Spirale sollte es werden. Das Ding bleibt bis zu 5 Jahre drin und neben dem Wegfall einiger Nebenwirkungen der Pille kann ich die Spirale nicht dadurch sabotieren, dass ich sie vergesse. Nicht, dass das bei mir ein großes Problem gewesen wäre. In den sechs Jahren kann ich an einer Hand abzählen, wann ich mal die Einnahme vergessen habe – und das meine ich nicht metaphorisch. Ein einziges Mal davon war die versäumte Einnahme so relevant, dass ich zur Sicherheit die Pille danach genommen habe. Je nachdem, wann man die Pille vergisst und wie lange man die geplante Einnahme überschritten hat, ergeben sich nämlich andere Konsequenzen.
Laut meinem Arzt stehe es mir völlig frei, ob ich zu Kupfer oder Hormonen greife. Meine Idee war es, von den Hormonen wegzukommen. Ich verteufele Hormone nicht per se. Aber meine Leberwerte waren zuletzt manchmal im Grenzbereich herumgedümpelt und ganz im Allgemeinen bin ich auch anfällig für Stimmungsschwankungen – vor allem in den negativen Bereich. Es wird diskutiert, dass die Pille diese Schwankungen und auch Depressionen begünstigt – warum also nicht weg von den Hormonen, wenn es Alternativen gibt? Mein Arzt versicherte mir jedoch, dass die Hormonspirale weniger belastend sei als die herkömmliche Pille. Die Hormone würden schließlich direkt lokal wirken, anders als bei der Pille, wo der Wirkstoff sich zunächst durch das Verdauungssystem kämpfen müsse. Bei der Kupferspirale seien dagegen etwas stärkere Blutungen zu erwarten.
Naja, dachte ich – wenn es sich um zwei so gut wie gleichwertige Alternativen handelt und bei der einen die Blutung stärker ist – dann nehme ich doch die Variante, die mit weniger Blut einhergeht, ansonsten aber keine Nachteile hat. Die Entscheidung für die hormonelle Spirale war gefallen.
Was pubmed sagt
Schockschwerenot in der sozialen Blase. Die Frauenärztin einer Bekannten hatte ihr gesagt, sie würde ihr auf keinen Fall eine Spirale einsetzen. Bei jungen Frauen sei dringend davon abzuraten. Offenbar geht das auf die Annahme zurück, dass das Infektionsrisiko für diese Gruppe besonders hoch sei. Das ist keine Lappalie, denn eine Infektion durch das Einsetzen der Spirale führt im schlimmsten Fall zu Unfruchtbarkeit. Da mir aber kein naheliegender Grund für diese Behauptung einleuchtete, beschloss ich die Forschungsdatenbank zu durchwühlen. Ich kannte genug junge Frauen mit Spirale, dass es mir unplausibel erschien, dass ein so großes Risiko existierte, das von Ärzten kollektiv ignoriert wurde. Tatsächlich wurde in der Vergangenheit davon abgeraten, jungen Frauen oder Frauen, die noch kein Kind geboren haben, eine Spirale einzusetzen. Eine Studie, die zum Beispiel höhere Infektionsraten bei jungen Frauen findet, findet ihr hier. Der Originalartikel ist dänisch, aber die Schlussfolgerungen sind im Abstract nachzulesen. Der Punkt ist: Der Artikel ist von 1990. Das ist fast 30 Jahre her. Neuere Studien, wie diese hier aus 2004, finden keine Unterschiede in der Infektionsrate und Verträglichkeit von Spiralen bei jüngeren im Vergleich zu älteren Frauen. Keine Bedenken also, mir das Ding einzusetzen. Einzig und allein die Schmerzen bei dem Eingriff selbst scheinen für Frauen, die noch kein Kind geboren haben, stärker zu sein. Und leider scheint die Gabe von Ibuprofen die Schmerzen nicht zu reduzieren. Mir schlottern offen gesagt die Knie, aber es hilft ja nix. Dafür habe ich danach einige Jahre Ruhe.
Aber Moment. Wie war das mit den hormonellen Nebenwirkung von Hormonspiralen, die doch milder sein sollte als die der Pille? In einer Review von Hardemann und Weiss heißt es, die LNG-IUD (levonorgestrel intrauterine device; eine levonorgestrel-basierte Spirale also – Levonorgestrel ist eine künstliche Variante von Progesteron, einem Schwangerschaftshormon) verursache ähnliche Nebenwirkungen wie andere progestin-basierte Verhütungsmittel, das heißt: Kopfschmerzen, Übelkeit, Haarausfall, empfindliche Brüste, Depressionen, reduzierte Libido und Zysten in den Eierstöcken. Hoppla.
Dass Hormone keine Bonbons sind und Nebenwirkungen haben, ist klar. Bekannt ist vor allem das erhöhte Thrombose-Risiko (1.6-fach erhöht laut der Cochrane-Foundation). Wenn die Idee aber doch war, dass die hormonelle Spirale weniger Nebenwirkungen haben sollte als die Pille – dann ist das wenn man die Review betrachtet doch klar verfehlt? Allerdings bezieht sich die Review unter anderem auf zum Beispiel den Beipackzettel einer Spirale. Dieser liest sich von den Nebenwirkungen her und auch im Bezug auf die genannten Häufigkeiten dieser sehr ähnlich wie der Beipackzettel der kleinen Schwester meiner Pille, die yasminelle (ich nehme die höher dosierte yasmin). Das ist aber noch kein wissenschaftlicher Vergleich der zwei Methoden. Dann wird noch eine Studie zitiert, die Haarausfall unter IUD-Verwenderinnen findet – das waren genau genommen fünf Frauen, die innerhalb von 10 Monaten nach der Einsetzung Haarausfall vermeldet haben. Fraglich, ob das auf ihre Verhütungsmethode zurückzuführen ist. Ziemlich dünne Beweislage für eine Review.
Mir sind selbst beinahe die Haare ausgegangen auf der Suche nach Blutkonzentrationen von Hormonen je nach Verhütungsmethode. Ob die Spirale nun lokaler wirkt oder nicht, natürlich gelangen auch hier Hormone ins Blut. Für die Spirale habe ich diese Studien entdeckt: Eine von Nilsson und Kollegen und eine von Seeber und Kollegen. Obwohl etwa 30 Jahre Abstand zwischen den beiden liegen, finden beide eine Levonorgestrel-Plasmakonzentration von etwa 190 pg/mL im ersten Jahr nach der Einsetzung, die sich dann um die 150 bis 130 pg/mL im zweiten und dritten Jahr einpendelt. Nilsson findet hier etwas niedrigere Werte. Außerdem landen auch über die Spirale die Hormone fix im Blut – bereits 15 Minuten nach der Einsetzung können Nilsson und Kollegen das Hormon im Plasma aufspüren. Ein Vergleich mit oralen Verhütungsmitteln ist allerdings schwierig. Levonorgestrel wird vor allem in der Notfallverhütung, also der Pille danach, genutzt. Die sind allerdings höher dosiert als reguläre Verhütungs-Pillen. In der Pille danach finden wir eine Dosis von 1.5 mg (oder zwei Dosen von 0.75 mg), in der kontinuierlich genommenen Pille sind es zwischen 50 und 250 µg, je nachdem, ob mit anderen Wirkstoffen kombiniert wird oder nicht. 100 µg entsprechen 0.1 mg. Bei solchen breiten Spannen in der verabreichten Menge variiert natürlich auch die resultierenden Plasmakonzentrationen. Dennoch finden Devoto und Kollegen bei derselben Menge verabreichtem Levonorgestrel (1.5 mg, also eine sehr hohe Dosis, wie wir sie in der Pille danach finden) eine sechsfach höhere maximale Plasma-Konzentration, wenn das Hormon oral im Vergleich zu vaginal verabreicht wird. Auch wird diese schneller erreicht. Allerdings hat das Hormon oral eine kürzere Halbwertszeit, wird also auch schneller wieder abgebaut. Die Konzentration im Gebärmuttergewebe ist bei vaginaler Verabreichung höher.
Was sagt Dr Google?
Mein ersten Zweifel waren dadurch ausgelöst, dass ich in – scheinbar fragwürdigen – Web-Artikeln über die Behauptung gestolpert bin, dass die Blutkonzentration der verabreichten Hormone bei der Spirale genau so hoch seien wie für die Pille. Das scheint allerdings nicht haltbar zu sein. Überhaupt gibt es eine Menge Fackeln und Mistgabeln, wenn man ganz unschuldig nach Verhütungsmitteln googlet. Wenn ich einfach nur nach der Horminspirale suche, dann finde ich sogar einen Bericht vom WDR, der die sie als „gefährliche Verhütung“ beschreibt. Mit einem anekdotischen Bericht einer einzelnen Patientin. Ein Einzelfall oder Prototyp heruntergespielter Nebenwirkungen? Ich gebe nicht viel auf Einzelfallberichte, aber die meisten Menschen tun das und lassen sich dadurch in ihrer Entscheidung beeinflussen. Dabei muss auch ich zugeben, dass ich mich zwar auf intellektueller Ebene gegen solche anekdotische Evidenz wehre, emotional betrachtet hinterlassen solche Berichte aber auch bei mir ein mulmiges Gefühl. Das lässt sich nur schwer abstellen. Auch der SWR warnt vor den Risiken – sehr seriös wirkende Quellen, die im allgemeinen auch sehr glaubhafte Informationen verbreiten. Vor allem erreichen sie ein breites Publikum. Der SWR verweist auch auf die Seite Risiko Hormonspirale. Die Seite selbst wirkt (wenn auch noch halbwegs in Maßen) etwas reißerisch und vor allem einseitig: Sie betreibt „cherry picking“, sucht sich also die „Kirschen“ unter den Studien heraus, um ihre Argumente zu belegen. Das bedeutet: Studien, die die Risiken von Hormonspiralen nahelegen, werden aufgezählt, aber Studien ohne Befund bleiben unerwähnt. Was mich zunächst überzeugt hat, war allerdings die Änderung der Angaben im der Fachinformation der Hormonspirale Mirena. Laut dieser Antwort auf das Schreiben der Betreiberin der Website „Risiko Hormonspirale“ an das Bundesinstitut für Arzneimittel wurde die Fachinformation der Mirena überarbeitet. Und zwar wurde die Aussage entfernt, dass die Serumkonzentration von Levonorgestrel bei der Mirena niedriger sei als bei anderen etablierten Anwendungen, die das Hormon verwenden. Wenn diese Aussage nicht haltbar ist, dann klingt das zunächst so, als verursache die Mirena zumindest gleichwertige oder gar höhere Hormonkonzentrationen als bisherige Verhütungsmittel. Das lässt sich allerdings nicht schlussfolgern, denn die Begründung für den Wegfall des Satzes ist nicht etwa, dass höhere Serumkonzentrationen nachgewiesen wurden. Der erste Grund lautet, dass nach heutigen Standards grundsätzlich keine Vergleiche zu anderen Arzneimitteln gezogen werden sollen. Außerdem war die Angabe „andere etablierte Anwendungen“ zu unbestimmt. Denn natürlich hängt die Aussagekraft eines Vergleichs vor allem davon ab, womit man vergleicht. Als Argument für den Wegfall der Passage mit der niedrigeren Serumskonzentration wird zum Beispiel genannt, dass es mittlerweile andere Hormonspiralen auf dem Markt gibt, die eine niedrigere Hormonkonzentration aufweisen können. Ehrlich gesagt ist das aber gar nicht die Frage, die mich beschäftigt: Ich will ja vor allem wissen, ob die Konzentration niedriger ist als bei oraler Einnahme.
Dazu hat die Betreiberin von „Risiko Hormonspirale“ dem Bundesinstitut aber auch auf den Zahn gefühlt. Sie hat eine Studie ausgegraben, bei der Serumkonzentrationen unter der oralen Einnahme von Levonorgestrel gemessen wurden. Diese waren niedriger als die Konzentrationen, die für die Mirena berichtet werden. Aber, kurz heruntergebrochen: Art und Zeitpunkt der Messungen waren so unterschiedlich, dass ein Vergleich laut Bundesinstitut nicht aussagekräftig ist. Ein valider Kritikpunkt, wenn man sich die Daten zur Serumskonzentration ansieht, die ich oben erwähnt habe: Die Hormonkonzentration verändert sich über die Zeit. Je nachdem, wann und über welchen Zeitraum ich messe, kann mit etwas gutem Willen jedes der beiden Verhütungsmittel „gewinnen“. Das Bundesinstitut erwähnt aber auch ein Problem, an dem ich mir bei der Recherche die Zähne ausgebissen habe: „Angaben zu mittleren Serumspiegeln von LNG in einem Dosierungsintervall im steady state oder zur AUC bei Anwenderinnen von Tabletten zu 30 µg LNG stehen aber in der publizierten Literatur nach unseren Recherchen nicht zur Verfügung.“
Ja, verdammt. Genau genommen findet man so ziemlich gar nichts, ob steady state oder nicht, zu dieser Dosierung von Levonorgestrol. Eben weil es normalerweise in höheren Dosen für die Notfallverhütung verwendet wird. Mit anderen Worten: Wir haben gar keine belastbaren Daten zu Hormonkonzentrationen im Serum über die Zeit bei dauerhafter Anwendung von Levonorgestrol als Verhütungsmittel. Somit können wir auch gar keinen vernünftigen Vergleich zur Hormonspirale ziehen. Das ist – gelinde gesagt – ziemlich scheiße.
Zwar habe ich oben auch eine Studie zitiert, die nahe legt, dass die Serumkonzentration bei vaginaler Anwendung geringer ist als bei oraler. Ich habe auch nur die Maximalkonzentrationen erwähnt. Die Studie beinhaltet aber auch AUC-Angaben, das bedeutet „area under the curve“, bezogen auf die Konzentrations-Zeit-Kurve eines Medikaments. Das beinhaltet natürlich mehr Informationen als der bloße Höchstwert zu irgendeinem Zeitpunkt. In der genannten Studie von Devoto und Kollegen war zwar auch die AUC bei oraler Anwendung höher, aber auch hier reden wir von einer weitaus höheren Dosis Levonorgestrel. Außerdem ist vaginale Verabreichung nicht ganz dasselbe wie eine dauerhaft eingelegte Spirale. Also ein guter Hinweis, aber noch zu sehr Äpfel mit Birnen, als dass es die definitive Aussage „Hormonspiralen verursachen niedrigere Serumkonzentrationen“ rechtfertigen würde. Damit ist aber eben auch nicht gesagt, dass die Hormonspirale genau so hohe oder gar höhere Werte erzielt. Gar nix wissen wir. Das darf eigentlich nicht sein.
Ich wollte die Verhütungsmethode wechseln, weil ich die hormonellen Nebenwirkungen reduzieren wollte, ab besten auf „verschwindend gering“ oder „nicht vorhanden“. Dazu muss ich vor allem wissen, ob die Hormonspirale überhaupt zu einer niedrigeren Hormonkonzentration führt als die Pille. Das kann gut sein und auch mein Arzt behauptet das – definitiv sagen kann mir das aber keiner. Für mich war das an dieser Stelle der Grund, mich doch für die Kupferspirale zu entscheiden. In dem Wissen, dass es durchaus stimmen kann, dass die Hormonbelastung durch die Hormonspirale geringer ist als durch die Pille. Solange ich mir da aber nicht sicher sein kann, riskiere ich keinen medizinischen Eingriff, mit dem ich geplanterweise fünf Jahre leben möchte. Letztendlich wäre eine nachweislich geringere Hormonkonzentration ja auch nur der erste Schritt. Der zweite wäre die Frage, ob die reduzierte Konzentration auch ausreicht, um die Nebenwirkungen zu reduzieren.
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Zähneknirschend muss ich also den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Wie sieht es mit den Nebenwirkungen der Hormonspirale, vor allem im Vergleich zur Pille, aus? Mir geht es primär um die Effekte auf Stimmung, Stimmungsschwankungen im Speziellen. Sowohl für die Pille als auch für die Hormonspirale sind Depressionen als mögliche Nebenwirkung aufgeführt, sogar als häufige. Bloß sind die Nebenwirkungen in der Packungsbeilage eher juristische Absicherung als nützlicher Hinweis. „Häufig“ bedeutet 10% der Fälle. Das ist immer noch amtlich, aber nicht so häufig, wie – nunja – „häufig“ vermuten lässt. Außerdem heißt es auf Wikipedia: „Pharmaunternehmen sind verpflichtet, alle bekannt gewordenen Nebenwirkungen eines Medikaments, unabhängig von seiner Kausalität, zu sammeln, auszuwerten und ggf. in der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels (in Deutschland: Fachinformation) sowie im Beipackzettel anzugeben.“
Unabhängig von seiner Kausalität. Das heißt: Die genannte Depression muss gar nicht durch das Medikament ausgelöst werden. Hier spielen dann wieder Placebo-Effekte eine Rolle und auch Basisraten: Es gibt Beschwerden, die an sich sehr häufig auftreten, ob mit oder ohne Medikamenteneinnahme. Müdigkeit zum Beispiel. Ich spreche aus Erfahrung. Wenn man mir Cola gibt und mich danach fragt, ob ich nach der „Einnahme“ irgendwann müde gewesen bin – dann ist es ziemlich wahrscheinlich, dass das vorgekommen ist, auch wenn Cola bestimmt nicht müde macht. Nicht zuletzt werden Menschen auch ermuntert, jeglichen Verdacht auf Nebenwirkungen bei Einnahme eines Medikaments zu melden. Das Resultat: Man kann schon mal spontan Hyperventilieren, wenn man die Liste an Nebenwirkungen eines Arzneimittels so durchgeht.
Das hilft mir nicht weiter. Ich brauche Studien, am liebsten randomisiert und doppelblind.
Sehr früh bin ich über eine Studie zu Stresseffekten unter der Verwendung von Verhütungsmitteln gestoßen. Hier wurde ein mir alter Bekannter verwendet: Der Trier Social Stress Test (TSST), der genutzt wird, um Menschen unter experimentellen Bedingungen zu stressen. Ich habe den Test selbst im Rahmen des Studiums schon als Teilnehmerin und auch als Experimentatorin durchgeführt. Dabei handelt es sich eigentlich um gar keinen Test im herkömmlichen Sinne, sondern um eine Methode, um Stress zu induzieren. Klingt ein wenig absurd und masochistisch, ist aber eigentlich ganz einfach und auch weniger unmoralisch, als es klingt: Menschen müssen sich durch ein gefaktes Job-Interview schlagen und anschließend Zahlenreihen rückwärts aufsagen, wobei immer wieder eine Zahl von der vorherigen abgezogen wird. Die Experimentatoren treten dabei besonders streng in weißen Kitteln auf und sind – nach im Protokoll vorgegebenen Phrasen – ziemlich unfreundlich. Zudem wird die Prozedur (scheinbar) auf Kamera aufgezeichnet. Das reicht, um die meisten Leute ordentlich ins Schwitzen zu bringen. Es gibt eine Gruppe, die gestresst wird und eine, die nicht gestresst wird – nur so kann am Ende ein Vergleich gezogen werden. Hierbei reicht es allerdings nicht, für die Kontrollgruppe lediglich das Interview die Kopfrechenaufgabe unter den Tisch fallen zu lassen. Man könnte sonst argumentieren, dass sich in der Stress-Gruppe mögliche Effekte gar nicht wegen des Stresses gezeigt haben, sondern zum Beispiel nur, weil es anstrengender ist, eine Rede vorzubereiten, als gar nichts zu tun. Eine mögliche Ursache für die beobachteten Effekte wäre dann auch Erschöpfung. Im Idealfall soll also nur der stressende Faktor wegfallen und alles andere ähnlich bleiben. Man geht dabei so vor, dass sich die Kontroll-Kandidaten zwar genau so auf das Interview vorbereiten müssen, dann sollen sie ihre Rede aber einfach bloß vor sich hin murmeln – und anschließend auch eine einfache Zahlenreihe. Die Experimentatoren sitzen – ohne Kamera und in Alltagskleidung – einfach nur daneben und beobachten den Probanden nicht. Sie geben auch keinerlei Kommentare ab. Dass man sich trotzdem ein bisschen blöd vorkommt, wenn man vor fremden Menschen eine Rede vor sich hin brabbelt, ist klar. Trotzdem kann man in anschließenden Untersuchungen Stresseffekte der Experimenalversion im Vergleich zur Kontrolle finden: Stresshormonkonzentrationen und Herzrate sind erhöht.
Nun haben Aleknaviciute und Kollegen also den TSST durchgeführt, und zwar mit drei Gruppen von Frauen: Einige nutzten eine Hormonspirale, andere ein orales Verhütungsmittel mit Levonorgestrel und wiederum andere hatten einen natürlichen Zyklus. Außerdem wurden Frauen mit Kupferspirale zur Kontrolle rekrutiert. Neben dem Stresstest wurde auch die Reaktion auf ACTH getestet, welches die Produktion von Corticoiden in Gang setzt – Stresshormone, also. Außerdem wurden Haarproben zur Bestimmung der Cortisol-Werte genommen.
So. Alle anschnallen. Wir besprechen Daten.
Die Frauen mit der Hormonspirale zeigten eine erhöhte Stressreaktion auf den TSST, sowohl beim Cortisol-Level im Speichel als auch bei der Herzrate. Ganz interessant dabei: Bei den Anwenderinnen der Pille zeigte sich ein niedrigerer Cortisol-Spiegel im Vergleich zu den Frauen im natürlichen Zyklus/der Hormonspirale. In der Herzrate unterschieden sich natürlicher Zyklus und Pille nicht. Auch die Kupferspirale zeigte vergleichbare Werte zum natürlichen Zyklus, für Cortisol und Herzrate. Sowohl die Pille als auch die Spirale verursachten eine reduzierte Cortisol-Antwort auf die Gabe von ACTH. Die Mechnismen unterschieden sich allerdings: Die Pille erhöht den CBG-Spiegel. Cortisol bindet an CBG, wodurch der Cortisol-Spiegel erniedrigt wird. Unter der Hormonspirale war CBG nicht verändert, aber die Cortisol-Antwort dennoch erniedrigt. Was die Haaranalyse betraf, hatten Anwenderinnen der Hormonspirale erhöhte Cortisol-Werte im Vergleich zum natürlichen Zyklus. Bei Anwenderinnen der Pille waren sie erniedrigt.
Interpretation? Schwierig. Die Autoren schlussfolgern eine veränderte Stressreaktion unter Verwendung der Hormonspirale. Die Idee: Es gelangen genügend Wirkstoffe in den systemischen Kreislauf, dass Veränderungen im Stresssystem hervorgerufen werden. Die Wirkmechanismen sind dabei andere als bei der Einnahme der Pille. Womöglich wird durch die Pille auch ein regulierender Einfluss auf die Cortisol-Konzentration in Gang gesetzt, der bei der Hormonspirale fehlt, wodurch größere Stress-Effekte möglich werden.
Das ist aber bestenfalls Spekulation, denn es gibt einige Probleme mit solchen Studien, wofür die Autoren nicht viel können. Zum Beispiel war die Aufteilung auf die verschiedenen Verhütungsmittel nicht zufällig. Man müsste auch schon arge Kurven fliegen, um die willkürliche Zuweisung von Frauen zu „Hormonspirale“, „Pille“ und „natürlicher Zyklus“ durch den Ethikrat zu kriegen, auch wenn genau das nötig wäre, um sichere Schlussfolgerungen ziehen zu können. Es ist sehr plausibel, dass die Frauen, die sich für eine Hormonspirale entschieden haben, sich von denen unterscheiden, die die Pille nehmen. Sagen wir, eine Frau hat das Gefühl, dass sie sensibel auf Hormone reagiert und will daher eine Alternative zur Pille. Ihr Arzt rät ihr zur Hormonspirale – genau wie mein Arzt mir erklärt hat, dass die Wirkung der Spirale lokaler sei als die der Pille, und daher weniger belastend. Das würde dann bedeuten, dass gerade hormonell besonders empfindliche Frauen zur Spirale greifen, die dann auch anfälliger für Stress sind. Die Frauen, die sich bewusst gegen hormonelle Verhütung entschieden haben, könnten auch einer Art Placebo-Effekt unterliegen: Sie wissen, dass sie nicht unter dem Belastenden Einfluss von Hormonen stehen – zumindest ist das ja die landläufige Meinung. Dadurch fühlen sie sich entspannter – tadaa, weniger Stress.
Eine weitere Zwickmühle ist der Hormonzyklus an sich. Vor einer Weile habe ich einen Vortrag von Markus Hausmann gehört, der eindrucksvoll zeigte: Je nach Messzeitpunkt können wir zu völlig unterschiedlichen Antworten auf unsere Fragen kommen, weil die Hormon-Level zu unterschiedlichen Zeiten im Zyklus unterschiedlich sind. Das betrifft Bereiche, an denen man zuerst gar nicht an Hormone denkt wie die Hirnsymmetrie bzw. die Kommunikation zwischen den Hirnhälften. Was das erst für Daten bedeutet, die ganz direkt von Hormonen abhängen, dürfte klar sein. In der TSST-Studie wurden zwar alle Teilnehmerinnen zum selben Zyklus-Zeitpunkt untersucht. Wenn aber die verschiedenen Verhütungsmethoden auch mit unterschiedlichen Zyklus-Abläufen einhergehen, ist das vielleicht nicht mehr unbedingt vergleichbar. Möglich auch, dass zu einem Zeitpunkt im Zyklus die Spirale zu einer stärkeren Stress-Antwort führt und zu einem anderen die Pille. Hier wird es natürlich haarig: Man bräuchte für jede Frau mehrere Messzeitpunkte. Sie aber wiederum mehrmals den TSST durchlaufen zu lassen würde aber zu Übungseffekten führen. Der Aufwand wäre auch viel höher.
Wie ist das nun mit der Depression?
Ein letzter Griff in die Literatur also. Mir fehlen immer noch Antworten zu den Effekten auf Stimmung. Die sind gar nicht so leicht zu finden, nicht mal für die Pille. Fragt man im Freundeskreis herum, ist die Wirkung der Pille auf die Stimme sonnenklar. Eine Freundin von mir kämpft mit Heul-Attacken aus heiterem Himmel, wenn sie die Pille nimmt. Und auch ich bilde mir ein, mit der Pille weniger verträglich zu sein und auch, dass ich mich in der Zeit, als ich sie abgesetzt hatte, besser gefühlt habe. Eine Placebo-Wirkung (bzw. Nocebo in diesem Fall) liegt allerdings nicht fern. Die Erwartung, dass die Pille Nebenwirkungen auslöst, sind groß. Durch selektive Wahrnehmung werde ich jede Stimmungsschwankung der Pille zuschreiben – und kann unmöglich herausfinden, ob es wirklich daran gelegen hat. Immerhin wird die Pille auch zur Behandlung von PMDD eingesetzt, der krassen Variante des prämenstruellen Syndroms, das genau die Symptome beinhaltet, wie man sie der Pille als Nebenwirkung nachsagt: Unter anderem Depressionen und Stimmungsschwankungen. Die Pille zeigt sich in der Behandlung eben dieser Symptome aber als effektiv – doch das Placebo ebenso. Manchmal gibt es Hinweise, dass die Pille für Stimmungsschwankungen oder Depressionen verantwortlich ist. Es gibt aber auch eine Menge an Studien, die keine Evidenz dafür finden können, so wie diese hier von Zethraeus und Kollegen. Interessant hierbei ist aber, dass sie zwar wie viele keinen Zusammenhang der Pille mit depressiven Symptomen finden – wohl aber einen negativen Effekt auf das Wohlbefinden. Auch wenn die Pille keine ausgewachsene Depression auslöst, ist eine Reduktion des Wohlbefindens dennoch etwas, das ich gerne vermeiden würde.
Was steckt außerdem hinter dem Paradox, dass sich oft kein Zusammenhang zwischen hormoneller Verhütung und Stimmungsschwankungen zeigt, jedoch so viele Frauen darüber klagen? Alles nur Nocebo? Vielleicht, aber es gibt auch weitere Ideen zu dem Thema: Es könnte sein, dass die Sache mit den Stimmungsschwankungen nur bei Frauen auftritt, die anfällig dafür sind, etwa 4 – 10%. Das würde dann aber dennoch bedeuten, dass die Einnahme der Pille für die allermeisten Frauen keine großartigen psychischen Nebenwirkungen hat.
Was wäre denn nötig?
Wie müsste man vorgehen, um die Effekte der Pille und der Hormonspirale auf den Hormonspiegel sowie die Stimmung sauber aufdecken zu können? Der benötigte Versuchsplan wäre eine Katastrophe. Man nehme:
1.) Mindestens vier Gruppen von Frauen. Gruppe 1 erhält ein orales Verhütungsmittel in der üblichen Dosierung (Bonuspunkte: eine weitere Gruppe, die ein orales Verhütungsmittel in derselben Dosierung erhält, die der Dosierung der Hormonspirale entspricht). Gruppe 2 bekommt die Hormonspirale eingesetzt. Gruppe 3 bekommt eine hormonfreie Spirale eingesetzt – besser noch eine Fake-Prozedur, bei der so getan wird, als würde eine Spirale eingesetzt. Gruppe 4 erhält Placebo-Tabletten ohne Wirkstoff. Interessant, aber nicht zwingend nötig wäre dann noch eine weitere Gruppe, die weder Tabletten noch Spirale erhält, ob Placebo oder nicht.
Wichtig dabei: Die Zuteilung zu den Gruppen wird ausgelost. Keine Frau dürfte sich aussuchen, was sie erhält. Das bedeutet auch, dass im Vorfeld alle potenziell damit einverstanden sein müssen, sowohl die Spirale als auch die Pille zu erhalten. Und im Zweifel auch einen medizinischen Fake-Eingriff über sich ergehen zu lassen, also Schmerzen für nix. Es versteht sich auch von selbst, dass alle diese Frauen zusätzlich verhüten müssten, denn sie wissen ja nicht, ob sie ein Placebo erhalten und daher nicht vor ungewollter Schwangerschaft geschützt sind.
2.) Diverse Messungen. Wir müssen die Hormonlevel aller Frauen erfassen, am besten mit Techniken, die die Hormonkonzentration über die Zeit abbilden. Dann brauchen wir Fragebögen, die Depression (oder die Neigung dazu) erfassen und vorzugsweise auch schlechte Laune und Stimmungsschwankungen. Außerdem muss der Zyklus jeder Frau aufgezeichnet werden.
3.) Diverse Messzeitpunkte. Jetzt wird es richtig anstrengend. Jede der Frauen sollte zu mehreren Punkten im Zyklus gemessen werden. Je mehr, desto besser. Die Zeitpunkte, zu denen die Frauen gemessen werden, müssen abgestimmt sein. Was die Sache mit der Depression betrifft, sollten wir den Damen über mehrere Jahre hinweg folgen, um die Entwicklung zu begutachten. Auch die Hormonspiegel über die Zeit sollten nach einigen Monaten oder Jahren erneut erfasst werden, um mögliche Veränderungen abzubilden.
Wo könnte so was stattfinden? Vermutlich in einem Land, wo auch Einhörner standardmäßig gezüchtet werden und es weder Welthunger noch Klimawandel gibt, dafür aber Weltfrieden. Sämtliche Abweichungen von einem solchen Plan liefern aber weitaus weniger gewisse Ergebnisse. Selbst die Interpretation experimentell sauber gewonnener Daten, die prinzipiell kausale Schlüssel zulassen, ist nicht immer einfach. Die Fülle an korrelativen und unvollständigen Daten zu einem Bild zusammenzusetzen ist noch schwieriger.
Fazit?
Am Ende meiner Reise durch die Papers zu dem Thema habe ich doch die Kupferspirale gewählt. Ich kann das nicht besonders gut begründen; umgekehrt könnte ich aber auch die Entscheidung für die Hormonspirale nicht viel besser rechtfertigen. Definitive Aussagen über die Sache mit den Hormonen und den Stimmungsschwankungen kann ich nicht machen. Aus meiner persönlichen Situation heraus werde ich auch vielleicht gar keinen Unterschied bemerken und wenn, dann weiß ich nicht, ob es am Wechsel der Verhütungsmethode lag oder nicht. Ich würde gerne auf Basis von Daten auf Gruppenebene entscheiden, weiß aber auch, dass eine – sagen wir – 99%ige Sicherheit, nicht an Thrombose durch die Pille zu sterben für mich persönlich völlig egal wird, wenn ich zu den 1% gehöre, die es trifft. Wie es mir mit einer anderen Methode zum selben Zeitpunkt ergangen werde, werde ich niemals erfahren.
Beim Arzt löste die Tatsache, dass ich mich doch von der Hormonspirale zur Kupferspirale umentschied, zunächst erhobene Augenbrauen aus. Ich erklärte meinen Sinneswandel – die zweifelhafte lokale Wirkung der Hormone beispielsweise. Mir ist durchaus klar, dass ich jetzt die anstrengende Patientin bin, die es besser wissen will als ihr Arzt, weil sie ein bisschen durch die Gegend gegooglet hat. Für mich ist es dennoch ein Unterschied, ob ich versuche, die gewonnenen Daten aus der Fachliteratur in Einklang zu bringen oder ob ich einen Nachmittag in zweifelhaften Foren verbracht habe, die Fackeln und Mistgabeln schwenken und Verhütungsmittel verteufeln. Ich mag jetzt auch die überempfindliche Patientin sein, die sich hat scheu machen lassen und deswegen sprunghaft zur Einstellung „mi mi mi, bloß keine Hormone“ wechselt. Die Reaktion meines Arztes war dennoch enttäuschend.
„Gleich vorweg: Ich glaube diesen Scheiß nicht“, sagte er. Aber ich gehe ja zum Arzt, nicht in die Kirche, und würde daher gerne etwas Überzeugenderes hören als persönlichen Glauben. Mir ist klar, dass seine medizinische Ausbildung – leider – nicht unbedingt das Lesen und Beurteilen von Studien oder auch nur gutes experimentelles Design und Methodik beinhaltet hat. In seiner Praxis wird auch Akupunktur angeboten (mittlerweile suche ich mir meine Ärzte explizit danach aus, dass sie so etwas nicht im Leistungsspektrum führen) und vielleicht kommt das Thema auch irgendwann noch auf. Ich fürchte aber, dass wir uns in unseren Ansichten, wie man sich einen Eindruck eines Medikaments verschafft, nicht einig werden. Immerhin fügte er auch sehr freundlich hinzu, dass es natürlich meine Entscheidung sei und ich die Variante wählen müsse, mit der ich mich wohler fühle. Er weiß natürlich auch, dass es wenig bringt, einen Patienten zu einer Maßnahme zu drängen, vor der er vielleicht sogar Angst hat und im Kopf bereits „dicht“ macht.
Man wird sehen, wie es mir – ganz anekdotisch und subjektiv – mit dem Kupfer im Körper ergehen wird. Vielleicht wird die Forschung zum Thema Verhütung (und deren Wirkung über die Verhütung hinaus) in den nächsten Jahren auch breiter und tiefgreifender. Zunächst einmal sehe ich dem Einsetzen der Spirale in wenigen Tagen entgegen. Weil ich eine Memme bin, zittern mir angesichts der kurzen, aber durchaus sehr fiesen Schmerzen und auch hinsichtlich der Risiken in den ersten Wochen (Entzündungen oder Verlust der Spirale) ganz ordentlich die Knie. Ich habe mir einen großen Eisbecher nach der Prozedur versprochen. Wenn die Homöopathie mit Zucker so gut fährt, dann kann es mir mit viel Schokosauce nicht schlechter gehen.
Follow-Up
Hat keinen Spaß gemacht, die Prozedur. Das war eine Art von Schmerz, die ich nicht unbedingt noch mal haben möchte. Aber man kann es aushalten. Auch das Einpendeln des Zyklusses war und ist eine beständige Baustelle und guess what? (Nicht immer völlig rationale) Stimmungsschwankungen in stressigen Zeiten gibt es auch ohne Pille noch. Während ich aus meiner anekdotischen Evidenz rein gar nichts für den schwammigen Forschungsstand ableiten kann, ist aber immerhin das Leben ohne regelmäßigen Pillen-Wecker deutlich entspannter.
Quellen und erwähnte Links in Reihenfolge des Erscheinens, Stand 15.02.2018, 20:15
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[10] Seeber B., Ziehr S.C., Gschlieβer A., Moser C., Mattle V., Seger C., Griesmacher A., Concin N., Concin H. & Wildt L. (2012) Quantitative levonorgestrel plasma level measurements in patients with regular and prolonged use of the levonorgestrel-releasing intrauterine system. Contraception. 86(4):345-9
[11] Devoto L., Fuentes A., Palomino A., Espinoza A., Kohen P., Ranta S. & von Hertzen H. (2005). Pharmacokinetics and endometrial tissue levels of levonorgestrel after administration of a single 1.5-mg dose by the oral and vaginal route. Fertil Steril. 84(1):46-51.
[12] WDR – Hormonspirale – gefährliche Verhütung – 26.07.2017 – 14:55
[13] SWR – Die Risiken von Pille und Spirale werden heruntergespielt – 14.11.2017 – 11:43
[14] Risiko Hormonspirale – Hormonspirale Mirena / Jaydess / Kyleena unter der Lupe
[15] Gebrauchsinformation – INFORMATION FÜR ANWENDER Mirena® 20 Mikrogramm/24 Stunden Intrauterinpessar – Wirkstoff: Levonorgestrel
[16] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte an Katharina Micada – Mirena systemische Exposition etc. – Ihre Zeichen und Nachricht vom: 27.03.2017 – 11.09.2017
[17] Wikipedia – Nebenwirkung
[18] Aleknaviciute J., Tulen J.H.M., De Rijke Y.B., Bouwkamp C.G., van der Kroeg M., Timmermans M., Wester V.L., Bergink V., Hoogendijk W.J.G., Tiemeier H., van Rossum E.F.C., Kooiman C.G. & Kushner S.A. (2017). The levonorgestrel-releasing intrauterine device potentiates stress reactivity. Psychoneuroendocrinology. 80, 39-45.
[19] Kirschbaum C., Pirke K.M. & Hellhammer DH. (1993). The ‚Trier Social Stress Test‘–a tool for investigating psychobiological stress responses in a laboratory setting. Neuropsychobiology. 28(1-2), 76-81.
[20] Dr Markus Hausmann – Durham University
[21] Cochrane Foundation – Birth control pills with drospirenone for treating premenstrual syndrome – 15.02.2012
[22] Zethraeus N., Dreber A., Ranehill E., Blomberg L., Labrie F., von Schoultz B., Johannesson M. & Hirschberg A.L. (2017). A first-choice combined oral contraceptive influences general well-being in healthy women: a double-blind, randomized, placebo-controlled trial. Fertil Steril. 107(5), 1238-1245.
[23] Gingnell M., Engman J., Frick A., Moby L., Wikström J., Fredrikson M. & Sundström-Poromaa I. (2013). Oral contraceptive use changes brain activity and mood in women with previous negative affect on the pill–a double-blinded, placebo-controlled randomized trial of a levonorgestrel-containing combined oral contraceptive. Psychoneuroendocrinology. 38(7), 1133-44.
09/03/2018 at 12:42
Hey,
mein Lieblingsthema! 😀 Nein, Spaß beiseite, ich hab selbst lange mit ziemlich heftigen (und teils auch völlig unbekannten) Nebenwirkungen von hormoneller Verhütung zu kämpfen gehabt, war sehr lange unsicher wegen der Spirale (kinderlos, eh eher unregelmäßige, stärkere, eher schmerzhafte Periode), hab jetzt aber den Frauenarzt meines Vertrauens und mich dann doch zur Spirale durchgerungen. Nur Kondom ist mir persönlich einfach zu unsicher.
Ich hab nicht den ganzen Post gelesen, aber falls das noch aktuell ist: Ich hatte auch Bammel wegen der Schmerzen, aber mein Frauenarzt hat mir eine Tablette mitgegeben, die ich am Abend vorher genommen hab (ich komm gerade nicht auf den Namen), aber eben sowas Richtung Muskelrelaxans. Das lockert den Cervix noch etwas und ganz ehrlich? Unangenehm war’s schon, aber bei weitem nicht schmerzhaft!
Ich hatte allerdings 1-2 Wochen danach noch ziemliche Schmerzen und hab mich mit Buscopan zugedröhnt. Hab jetzt aber entdeckt, dass Magnesium hilft und mir auch zu einer viel schmerzloseren Periode verhilft, also nehm ich so gut wie jeden Tag Magnesium. Für mich als Hobbysportler eh nicht schlecht. Alles in allem hat sich das aber inzwischen auch alles eingependelt und ich bin sehr froh, den Schritt getan zu haben!
09/03/2018 at 12:59
Heya,
vielen Dank für deine Erfahrungen! Unten in den Post habe ich ein paar Updates gestellt. Auch mein Arzt hat mir eine Tablette (ein paar Stunden vor dem Eingriff) gegeben, die den Muttermund weiten sollte. Off-Label. Ob es ohne Tablette schlimmer gewesen wäre, kann ich natürlich nicht sagen. Bei mir war es nämlich unfassbar schmerzhaft – auch wenn ich es natürlich überstanden habe. Derzeit kämpfe ich seit etwa 2,5 Wochen mit einer Dauerblutung und gelegentlichen Schmerzen. Da die Spirale aber korrekt liegt und auch keine Infektion/Zyste und dergleichen besteht, hoffe ich, dass sich das noch einpendelt.
Wie hast du denn die Aufklärung durch deinen Arzt empfunden?