Im Sommer 2018 gab es ein großes Thema: predatory journals. Magazine, die sich als wissenschaftlich ausgeben und behaupten, Artikel mit peer review zu veröffentlichen. Das heißt, dass wie in (fast) jedem anderen Journal die Paper einer Prüfung durch Experten unterzogen werden, um eine gute Qualität zu gewährleisten.
Das alles ist aber gelogen. In Wahrheit zahlt der Einsender eine Gebühr, und der Artikel wird vollkommen unkontrolliert veröffentlicht. Selbst, wenn völliger Schwachsinn drin steht. Das ist gefährlich, weil so eine Menge Bullshit in Umlauf kommt, der aussieht, als sei er wissenschaftlich fundiert.
Gerade Laien können nicht unterscheiden, ob es sich um einen guten Artikel aus einem vernünftigen Journal handelt oder um methodischen Müll aus einem predatory journal. Unternehmen veröffentlichen in predatory journals, um für ihre Website „Belege“ für die Wirksamkeit ihrer Produkte zur Hand zu haben. Zeitungen fallen auf brisante Befunde herein, die eigentlich gar keine sind. Und selbst in politische Beratungskomitees sollen es die Schund-Paper schon geschafft haben.
Wieso hat die Wissenschaft bisher nicht reagiert? Wieso wurde geschwiegen? Ist das ein großes, abgekartetes Schummel-Spiel?
Nicht wirklich. Selbstverständlich gibt es schwarze Schafe in unseren Rängen. Einige Vollpfosten nutzen die Schein-Konferenzen, die von den predatory journals angeboten werden, um in interessanten Städten Urlaub zu machen. Einige Kollegen mögen die Bullshit-Journals auch nutzen, um nach außen hin, z.B. für Bücher oder in Talkshows, „Studien“ vorweisen zu können.
Innerhalb der Wissenschaft spielen die predatory journals aber praktisch keine Rolle. Zwar gibt es den Publikationsdruck, der Wissenschaftler dazu zwingt, ständig zu „produzieren“ und zu veröffentlichen. Aber so sehr Quantität auch zählt, ist auch Qualität wichtig. Publikationen in hochkarätigen Journals bringen Arbeitsplätze, die teilweise hart umkämpft sind. Publikationen in predatory journals, selbst wenn das Paper selbst gut gemacht ist, befördert die Bewerbung eher postwendend in den Papierkorb. Der Ruf ist ruiniert. Es ist, als würde man als Koch all die Fertiggerichte als Referenzen vorzeigen, die man mal in die Mikrowelle geschoben hat.
Wieso hat also kaum jemand von uns bisher etwas dazu gesagt? Einigen von uns erschienen die predatory journals kaum als ernst zu nehmendes Problem – wir kannten sie lediglich als Spam aus unseren Postfächern.
Ich arbeite im Labor und der einzige Titel, den ich derzeit vorzuweisen habe, ist ein Bachelor of Science. Dennoch erhalte selbst ich etwa jeden zweiten Tag Einladungen zu Konferenzen oder werde aufgefordert, Paper einzureichen. Angeredet werde ich als Doktor, manchmal sogar als Professor.
Es ist absurd und die Glaubwürdigkeit rangiert auf demselben Level, den ein nigerianischer Prinz vorzuweisen hat, der mir Geld verspricht, wenn ich einen Link anklicke. Oder die russische einsame Dame, die sich nach der wahren Liebe sehnt.
Es gibt predatory journals, die das Ganze perfider aufziehen und zumindest einen sehr sehr blauäugigen Doktoranden-Frischling täuschen können (aber der veröffentlicht eigentlich sowieso nichts ohne Rücksprache mit seinem Boss). Diese Kandidaten hier gehören nicht dazu. Ich hoffe, sie lassen euch schmunzeln und zeigen euch: Wer sich hier wirklich verarschen lässt, hat seine Hausaufgaben seit der ersten Klasse nicht gemacht.